Dienstag, September 27, 2005

He sees things from under glass

Langweilig ist es bereits, der Abwechslung wegen sich in eine der Touri-Hochburgen Europas zu begeben, um sich über den Massentourismus aufzuregen. Noch langweiliger ist es, sich quasi als Metainstanz von der Masse abzuheben zu wollen und darüber zu berichten - trotz der Vermutung, dass man einen der Massentouri-Billigfluglinien benutzt hat. Hässlich wird es dann, wenn man sich in der Berichterstattung einzelne Nationalitäten vorknüpft und diese dann jeglicher Individualität beraubt. Da kann Ironie nichts mehr retten.

Langweilig und hässlich, kombiniert mit einem verzweifelten Geltungsbedürfnis, der täglich in neue Blog-Einträge fruchtet, das ist die Mischung, über die ich mich heute gerne aufrege.

Mittwoch, September 21, 2005

Tag 3 nach der Wahl

Neu ist die Erfahrung, dass der Imbissstand am S-Bahnhof, der meine Trashfood-Ambitionen erfüllt, eine eigene Website hat. Das heißt, die Website ist vermutlich nicht neu, aber ich habe erst heute die Adresse eingegeben, die ich von den Hemden der Leute entnommen hatte, die dort arbeiten. Somit weiß ich jetzt, dass es eine Wochenkarte gibt mit täglichen Menü-Highlights. Das ist praktisch, und ich kann sogar Variationen in meine mittäglichen Essgewohnheiten einbringen.

Mittwoch, September 14, 2005

Noch einmal TV

So oft Westerwelle in der TV-Elefantenrunde Schröder und Fischer vorwarf, dass diese "noch so guten Pointen", "schöneren Krawatten" und "lässigen Bemerkungen" Vorrang vor einer "vernünftigen Wirschaftspolitik" einräumen würden, und die "Wirtschaft abgeschmiert" ist, so öde, einfallslos und unschlagfertig war er doch gar nicht. Und auch die Krawatte so unästhetisch nicht, wie er vermuten hat lassen.

Aber wenn wir wieder beim Thema Charisma sind, woran liegt es, dass links von der Mitte so viel vorhanden zu sein scheint, dass man wiederum versucht, nicht arrogant zu erscheinen, und rechts davon so kläglich wenig? Muss sich Merkel ihr Äußeres trimmen lassen, den Dialekt abtrainieren und Stresssituationen besser verkraften lernen, Stoiber die seltsame und reichlich unheimliche Kombination von beamtenmäßig verkrampfter Unsouveränität und bayrischer Arroganz ablegen, so sollte Westerwelle doch sich ins Zeug legen, die Muskulatur um die Augen herum besser zu beherrschen, die immer denselben Ausdruck erzeugen, egal ob der Rest des Gesichts versucht, beleidigt kämpferisch zu erscheinen, beleidigt zornig zu erscheinen oder ein beleidigtes Lachen zu simulieren. Aber vielleicht liegt das im Wesen eines FDP-Politikers, eines Aliens.

Montag, September 12, 2005

Hallo Stammtisch

"Ich glaube, wir haben schon öfter Harakiriaktionen von ihm erlebt, und das war mal wieder eine. Wir haben in der Vergangenheit schon mit ihm gesprochen. Ich weiß nicht, welche Therapie ihm jetzt noch helfen kann."

Michael Schuhmacher nach dem Formel 1-Rennen von Spa, 11. September 2005, über den Unfall mit Takuma Sato, nachdem beide Fahrer ausschieden.

Dass er frustriert ist, wird deutlich. Aber ein japanisches Wort zu benutzen für die Beurteilung eines Fahrfehlers von einem japanischen Fahrer, das hat ein besonders niedriges Niveau, vergleichbar mit der Bezeichnung eines deutschen Fußballsieges als "Blitz". Nur dass die englische Boulevard-Presse von dieser Art von platten Überschriften lebt und Michael Schuhmacher sicherlich nicht. Bitte nicht sprechen, wenn es nicht sein muss.

Montag, September 05, 2005

Besser als erwartet ≠gut

"Besser als erwartet" wird von manchen Kommentatoren als "klarer Sieg" gewertet, was doch wie der Versuch einer nachträglichen Manipulation derjenigen klingt, die nicht beurteilen können, was sie da gerade auf dem TV-Bildschirm gesehen haben. Bei einem Boxkampf wäre laut diesartig geäußerter Meinungen nicht derjenige der Gewinner, der die meisten Treffer landet, sondern derjenige, der auf dem Boden liegt, zwar nicht k.o., aber doch benommen dreinschaut - nur weil die Gewichtsklasse eine andere ist. Andererseits, für die Wahl hat - insofern die Umfragen Merkel vorne sehen, das TV-Duell in Anbetracht des bei solchen Gelegenheiten übermächtigen Amtsinhabers eine ähnliche Bedeutung, da ja keine Kanzlerwahl stattfindet - was bringt also der Kampf im Ring um die Meisterschaft, wenn es zum Stichtag um eine andere Sportart geht? Vermisst werden in diesem Zusammenhang Stimmen, die das TV-Duell als etwas positionieren, was der Zuschauer losgelöst vom Kontext als das, was es nunmal ist, betrachten kann. Die Frage lautet hier einfach nur: Wer ist der charismatischere Kanzlerkandidat? Und da hinterlässt das Bild der belehrerischen Merkel im Vordergrund und des verlegen grinsenden Schröders im Hintergrund einen bleibenden Eindruck. Ob sie dabei doch im Vergleich zu ihren Auftritten im Bundestag erstaunlich gelöst gewirkt hat, spielt keine Rolle, und wer dem bei seiner Beurteilung des Duells doch eine Bedeutung schenkt, legt seine politischen Präferenzen offen.

Apropos TV: Nicht selten gewinnt man in den letzten Wochen den Eindruck, dass die Nachrichten von einem verrückten Drehbuchautor für einen Science Fiction-Film stammen. Die einzige Konstante ist hierbei die Nachrichtenredaktion der heute-Nachrichten, wenn sie wie immer provinziell-besorgt die Nachricht der steigenden Mineralölpreise mit den Worten "Man mag es kaum glauben (...)" einleitet.

Donnerstag, September 01, 2005

Am besten sofort die 3D-Brille aufziehen

Nicht erfreulich finde ich als harmoniebedürftiges Wesen, wenn jemand unaufgefordert, aber hörbar Fäkalienwörter zum Besten gibt. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser jemand nur mit sich allein ist und flucht, aber trotzdem für mich hörbar ist, oder ob er sich mit mir in einer Konversation befindet und analphasenmäßige Termini ausscheidet, also das S-Wort in Ermangelung einer besseren Umschreibung der Gemütslage oder sonstwas ausspricht. "Nicht erfreulich" meine ich nicht im Sinne von, dass ich dann gedanklich tatsächlich Exkremente visualisiere und mir den Appetit verderben lasse, sondern im Sinne von, dass es dazu einer bestimmten Ignoranz des Aussprechenden bedarf, der dem Umfeld wenig Beachtung schenkt. Man kann das beobachten, und es sind dieselben Leute wie die, die laut vor sich hinmurmeln, nicht deutlich genug, dass man nicht wirklich versteht, was die Person denn meint, aber doch laut genug, um einen abzulenken. Die Folge: "Eigentlich will ich gar nicht wissen, was die Person gerade gesagt hat, aber jetzt erscheint es unhöflich, wenn ich nicht nachfrage. Nein, ich tu's nicht, weil ich es nicht mag, auf diese Weise in meinen Handlungen beeinflusst zu werden.", um ein paar Augenblicke später festzustellen: "...Was wollte ich eigentlich gerade machen?". Außerdem sind es dieselben Leute, die in einer Konversation nicht richtig zuhören können. Man weiß, man hat eine solche Spezies vor sich, wenn sie immer an den falschen Stellen lachen. Sie sind gefangen, Gefangene des Selbst-Kerkers. Oder auf 50er Jahre-B-Horror Movie-Titel-Sprache: "Captivated in the Dungeon of Gruesome Lord Ego", und auf dem Poster dann Zeilen wie: "Utterly terrifying!! Run for your life!!", Frauen mit angsterfüllten Gesichtern, ihre Ohren zuhaltend und auf den Betrachter zulaufend, wie auch der Mann mit Anzug und Hut, der noch einen Blick zurück auf das Grauen wirft, mit einem debilen, aber doch sehr verängstigten Gesichtsausdruck.