Montag, September 05, 2005

Besser als erwartet ≠gut

"Besser als erwartet" wird von manchen Kommentatoren als "klarer Sieg" gewertet, was doch wie der Versuch einer nachträglichen Manipulation derjenigen klingt, die nicht beurteilen können, was sie da gerade auf dem TV-Bildschirm gesehen haben. Bei einem Boxkampf wäre laut diesartig geäußerter Meinungen nicht derjenige der Gewinner, der die meisten Treffer landet, sondern derjenige, der auf dem Boden liegt, zwar nicht k.o., aber doch benommen dreinschaut - nur weil die Gewichtsklasse eine andere ist. Andererseits, für die Wahl hat - insofern die Umfragen Merkel vorne sehen, das TV-Duell in Anbetracht des bei solchen Gelegenheiten übermächtigen Amtsinhabers eine ähnliche Bedeutung, da ja keine Kanzlerwahl stattfindet - was bringt also der Kampf im Ring um die Meisterschaft, wenn es zum Stichtag um eine andere Sportart geht? Vermisst werden in diesem Zusammenhang Stimmen, die das TV-Duell als etwas positionieren, was der Zuschauer losgelöst vom Kontext als das, was es nunmal ist, betrachten kann. Die Frage lautet hier einfach nur: Wer ist der charismatischere Kanzlerkandidat? Und da hinterlässt das Bild der belehrerischen Merkel im Vordergrund und des verlegen grinsenden Schröders im Hintergrund einen bleibenden Eindruck. Ob sie dabei doch im Vergleich zu ihren Auftritten im Bundestag erstaunlich gelöst gewirkt hat, spielt keine Rolle, und wer dem bei seiner Beurteilung des Duells doch eine Bedeutung schenkt, legt seine politischen Präferenzen offen.

Apropos TV: Nicht selten gewinnt man in den letzten Wochen den Eindruck, dass die Nachrichten von einem verrückten Drehbuchautor für einen Science Fiction-Film stammen. Die einzige Konstante ist hierbei die Nachrichtenredaktion der heute-Nachrichten, wenn sie wie immer provinziell-besorgt die Nachricht der steigenden Mineralölpreise mit den Worten "Man mag es kaum glauben (...)" einleitet.