Freitag, Oktober 14, 2005

Muskelspiel an Kasse 3

"Es gibt noch viel schlimmere Kunden", winkte die Kassiererin ab, nachdem sich die Frau bei der Bezahlung etwas ungeschickt anstellte. Das ist eine Einstellung, die Kundin, die gerade bezahlen möchte, als zwar schlimm, aber nicht so schlimm wie andere darzustellen. Das musste die Kundin ungemein beruhigen. Und nicht die Spur einer Unischerheit, einer Selbstrefklektion, die das Gesagte in Frage stellt, nein, warum auch? Es ist doch so: Es gibt schlimmere Kunden. Und da es wirklich wahr ist, wiederholte sie das auch: "Es gibt noch viel schlimmere Kunden." Jaja, damals in den 60ern im afrikanischen Busch, wo ich einen Kiosk gepachtet hatte, in Belgisch-Kongo, Sie wissen schon, das hieß später Zaire, und ein ausgewachsenes Nashorn direkt auf mein Geschäft zustürmte, oder auf dem Djemaa el Fna in Marrakesch, anno '76, das war richtig happig, so ein Nomade, der hat mir gedroht, den Laden abzufackeln, als ich nicht mehr mit dem Preis runtergehen wollte. Aber die Maggi-Sauce war nun mal was wert, das verstehen Sie doch sicher, da habe ich ihm mein Schrotgewehr vorgeführt. Die Brüder sind dort unten sehr emotional. Hätte sie Kalorien gespart und gesagt: "Es gibt Schlimmeres.", wäre es ein lässiger Kassieren-ist-nicht-alles-Ausspruch gewesen, so hat sie wirklich ihre riesengroßen, knallharten Granit-balls kurz mal angedeutet, von denen Hank nur träumen kann.

Donnerstag, Oktober 13, 2005

No Sleep 'til Dreikönigskirche

"Beschütz' mich", schien sie zu sagen, wie sie nervös und schüchtern die Arme verschränkt hatte und rhythmisch von einem Bein zum anderen wippte, mit ihren leicht gerollten 'R's und ihrem vor einem Jahrzehnt erlernten Jugenddeutsch zwischen den Songs Anekdoten erzählte. Vor allem das männliche, ältere Publikum nahm sich ihrer gebührend väterlich an, und lachte und klatschte langanhaltend wohlwollend zu ihren Erzählungen und Darbietungen. Da fühlte ich mich etwas jünger.

Gestern abend durfte ich dann feststellen, dass der Freund, mit dem ich auf dem Konzert war, entgegen meiner Vermutungen doch nicht - wie bei solchen Gelegenheiten üblich - transzendierte (einschlief), sondern seine Augen nur geschlossen hatte, um die Eigenheiten der Sängerin besser zu verinnerlichen und bei Gelegenheit dann erstaunlich gelungen nachzuäffen. Aber wir beide so, das Konzert schön fand'.

Mittwoch, Oktober 12, 2005

Road to Ruin aka Rouen

Habe die silberne Schachtel mit der Whiskey-Flasche in der Hand, die unter erschwerten Bedingungen einige Stunden zuvor im Supermarkt erworben wurde. Ja, eine lange Schlange stand bereits an, und die Kassiererin hat sich ins Lager begeben dürfen wegen mir und meinem Extrawurstwunsch, und kurz zuvor hatte sie die Kollegin an der anderen Kasse schon vor versammelter Kundschaft angeächzt, dass es jede Woche so voll sei, am Samstag um kurz vor Acht Uhr und sie das nicht mehr lange mitmachen würde. Keine Sorge, wenn die Sonntage verkaufsoffen werden, dann wird der Samstag abend keine Stoßzeit mehr sein. Egal, das Herzstück meines Vorhabens bestand darin, neben der "Road to Rouen"-Vinylscheibe diesem Freund, der blogtechnisch nicht in die Gänge kommt, ansonsten ein Liebhaber dieses Getränks, die Flasche Whiskey mit im Laufe des Abends beträchtlich reduziertem Inhalt zu schenken. Plan umgesetzt, kotze ich zufrieden in den Morgenstunden in den WC. Aber um mich dem Image eines Kampftrinkers zu verweigern, sage ich hier nochmal, dass ich diese Pläne nicht von langer Hand schmiede und auch nicht immer, erst recht nicht immer in dieser Party-Konstellation, sondern wie ich hoffe, aus einem positiv-spontanen Antrieb heraus.