Mittwoch, September 29, 2004

Auf nach Blumenau

Palmen und Fachwerkhäuser, subtropisches Oktoberfest. Über diese Stadt in Brasilien namens Blumenau habe ich mich vor kurzem mit Freunden unterhalten. Ich bin selbst kein Deutscher, und ich möchte mich sicherlich auch nicht lustig machen über diese Stadt, deren Bewohner und ihre (teilweise) deutschen Wurzeln. Aber trotzdem ist es eine surreale Vorstellung, dass es eine 200.000-Einwohner-Stadt in Brasilien mit diesem Namen gibt, ich hätte sie eher dem Bodenseeraum zugeordnet. Obwohl ich eine Aversion gegen Relativsätze habe, die mit "welche" beginnen, hat auch die deutschsprachige Blumenau-Website ihren Charme. Übrigens: Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es in Blumenau ein Wohngebiet namens "Saxoniator" - der Sachsenizer? -, und das Oktoberfest findet tatsächlich auch im Oktober statt. Und bei Don Peppone gibt es Rabatt-Aktionen!!

Dienstag, September 28, 2004

Gekonntes Sterben

Die Ramones waren die Galionsfiguren der Punk-Generation. Zwei von drei toten Ramones starben an Krebs. Ihr Tod war somit unspektakulär. Aber diese Menschen zu einem (zu frühen) Rock’n’Roll-Tod (Überdosis, Flugzeugabsturz, Selbstmord) zu drängen, ist nicht fair. Der Redakteur einer australischen Zeitung, von dem ich neulich einen Artikel zum Tode von Joey Ramone 2001 geschickt bekam, hat recht: Ihre Fans verbringen seit Jahrzehnten einen immer kleineren Ausschnitt ihres heute bürgerlichen Lebens mit den Ramones. Sie leben in „a future full of mortgages, taxation, and adult-onset diseases.” Für die noch ein Spektakel hinlegen? Nee, lieber nicht.

Beim Thema Tod muss man behutsam sein. Auch wenn es um das Ableben einer so weit entfernten Existenz wie das eines Popstars geht. Ein Bekannter reagierte empfindlich, als ich 1997 nach dem Tod von Michael Hutchence seinen Abgang als Rock’n’Roll-gemäß bezeichnete, bis auf die Tatsache, dass der Zeitpunkt nach dem Zenith der Band Ende der 80er Jahre vielleicht etwas verspätet kam. Es war spektakulär: Eine Luxus-Hotel-Suite, Drogen und der INXS-Sänger, mit seinem Gürtel am Hals an der Tür verbunden. Trotz Glamour: Einen faden Beigeschmack hinterließ der Fall, so als ob jemand nach Ausrutschen in der Badewanne im Jenseits landet. Auch die Tode von Kurt Cobain oder Alice in Chains’ Layne Staley erhalten nicht die volle Punktezahl auf der RnR-B-Noten-Skala. Eleganter ist die Richey James-Variante, aufgeführt 1995. Das Auto des Gitarristen von den Manic Street Preachers wurde an einem bekannten Suicide Spot hinterlassen, aber mehrere Augenzeugen wollen ihn in den Tagen nach seinem Verschwinden gesehen haben. Jahre später wurde er angeblich in Goa und auf Fuetaventura gesichtet. Wenn sein Schicksal ungeklärt bleibt, kann er so sterben wie er möchte – ohne Rücksicht auf RnR-Tauglichkeit.

Montag, September 27, 2004

TV-Nachrichten

"Fürchterlich" oder "glücklicherweise" sind keine Wörter, die in der Nachrichtenberichterstattung etwas zu suchen haben, nicht einmal in einem Kommentar. Der Nachrichtensprecher sollte nicht dieses kleinbürgerlich-besorgte "Was ist denn in diesem exotischen Land wieder Fürchterliches passiert, was bei uns glücklicherweise nie möglich gewesen wäre"-Antlitz zeigen, das ist unerträglich spießig. Meine Theorie ist, dass die Redaktion dieses öffentlich-rechtlichen Senders versucht, Profil zu gewinnen, dabei aber unglücklich vorgeht, will heißen: Wir müssen anders sein als der andere Sender, egal wie. Das Ergebnis: Die Nachrichtensprecher wirken unsouverän und unseriös, dazu gezwungen, unnatürlich flotte Sprüche auf den Lippen zu balancieren.

Sonntag, September 26, 2004

Vanishing Point


Kowalski fährt nach San Francisco

Charlotte Rampling, sah ich im Internet Movie Database, besetzte auch eine Rolle in "Vanishing Point" aka "Fluchtpunkt San Francisco" (1971) eine Rolle als Tramperin, allerdings wurden in den USA die Szenen mit ihr weggeschnitten. Im Mittelpunkt steht Kowalski (Barry Newman), ein Ex-Polizist, der einen 1970 Dodge Challenger von Denver nach San Francisco überführen soll. Aufgepumpt mit Amphetaminen schließt er eine Wette ab, dass er SF in 15 Stunden erreichen würde. Die Fahrt entwickelt sich zum (geplanten) Himmelsfahrtskommando: Immer mehr Polizeiwagen heften sich auf seine Fersen, und der Radio-DJ Super Soul, Hobby-Polizeifunk-Abhörer, verhilft Kowalski innerhalb eines halben Tags zum Kultstar: "The vicious traffic squad cars are after our lone driver, the last American hero, the electric sintar, the demi-god, the super driver of the golden west!".

Die in den USA geschnittene Szene: Charlotte Rampling steht am Straßenrand, mit einem San Francisco-Schild, Kowalski nimmt sie mit. Sie verbringen die Nacht miteinander, sie verschwindet wieder und hinterlässt ihm die Warnung, dass er nicht nach San Francisco solle - sie stellte den Tod dar. Auch ohne diese Szene wird "Vanishing Point" seinem Kultstatus gerecht, doch es ist bezeichnend, dass das Filmstudio gerade eine Szene, die der Handlung eine faszinierende Unwirklichkeit gibt, herausließ. Um mit einer kürzeren Filmdauer von 99 statt 107 Minuten bessere Chancen im Kino zu haben? Er lief laut dieser Site 1971 gerade mal zwei Wochen in den USA, bevor er sich in Europa (ungekürzt) zum Erfolg entwickelte.

Es gibt eine Remake-Version (1997), in der der Held allerdings nicht aus keinem Grund diese halsbrecherische Reise antritt. Was diesem Film - dazu braucht man das Original nur einmal zu sehen - das Genick bricht. Entweder wollte das Studio, dass das Remake ein Flop wird, und hat alles drangesetzt, den Film lehrbuchmäßig abstürzen zu lassen. Oder es handelt sich um eine ABM-Maßnahme.

Samstag, September 25, 2004

Hurrah!

Herr Henry Rollins kommt im Januar 2005 in die Mainmetropole für eine Spoken Word-Show! Das wird sicher herzerwärmend und schön. Ich habe Anfang des Jahres fünf Doppel-CDs mit Spoken Word-Aufnahmen von seiner offiziellen Website bestellt und sie mehrere Wochen lang rauf und runter gehört - seine Entwicklung vom deppressiven Black Flag-Frontmann bis zum umtriebigen, politisch engagierten Menschen wird hier dokumentiert.

Es ist interessant, wie die Ikone des amerikanischen Punkrocks Anfang der 90er Jahre im Zuge der Grunge-Bewegung vom deutschen Feuilleton aufgegriffen wurde. Und eigentlich dort schnell wieder verschwand. An einzelne Videos der Rollins Band ("Liar") und an ein superblödes MTV-Interview ("Do you like Germany?") in der Folgezeit kann ich mich erinnern.

Donnerstag, September 23, 2004

Sarah Morton

Da ich letztes Jahr sehr wenig im Kino war, habe ich zur Zeit einiges aufzuholen, unter anderem "Swimming Pool" (Regie: François Ozon, F 2003). Mystery-Schriftstellerin Sarah Morton, eine zynische Engländerin in ihren 50er Jahren, wird von Charlotte Rampling gespielt. Ihr Herausgeber macht ihr zu Anfang der Handlung das Angebot, für einige Wochen das triste englische Wetter hinter sich zu lassen und sich in seinem Landhaus in der Provence einzuquartieren. Dort angekommen genießt die Autorin die einsame Ruhe, in der sie hofft, ihren Schreibfluss wiederzufinden. In jedem Handgriff, in ihrem Gang, in jeder Regung der Mundwinkel vermag es die Schauspielerin, ihre Zufriedenheit zu zelebrieren, ohne plakative Gesten oder Worte zu bemühen. Ihr perfekt fürs Schreiben zurechtgelegte Umfeld wird gestört, von der temperamentvollen Tochter des Herausgebers Julie (Ludivine Sagnier). Nachdem die beiden anfangs keinen Draht zueinander finden (leicht untertrieben), und Ozon es versteht, beim Zuschauer Erinnerungen an WG-Horror-Szenarien heraufzubeschwören, beginnt Sarah Morton, Julie in ihren Roman zu integrieren. Auf der anderen Seite liest das junge Mädchen heimlich im Manuskript des unfertigen Werks und beginnt Einfluss auf dessen Handlung zu nehmen.

Die Wechselwirkung der beiden Charaktere ist augenscheinlich, ´laut Ozon soll sie körperlich symbolisiert werden - steht in einem Interview mit dem Regisseur: "Anyway, the main point was that I wanted Sarah and Julie's bodies to affect one another." (aus:
François Ozon interview from Swimming Pool Press Kit) Hängengeblieben beim Rezensenten-Blogger ist die harsch-kühle Sprache von Sarah Morton, die zu Beginn des empfehlenswerten Films auf einen jungen Schriftsteller trifft - "Who's that shit?", fragt sie ihren Herausgeber - und der Gegensatz zu ihrer Verletzlichkeit: Im Umgang mit der rebellischen und sexuell aggressiven Julie erweist sie sich als leicht tölpelig. Trotz der nüchternen Inszenierung drängt sich die Mystery-Frage auf, ob und was sich in der Fantasie der Schriftstellerin abgespielt hat, dadurch fallen die weniger überzeugenden Plot-Elemente (Frage: Ist Julie schizophren oder berechnend?) kaum mehr ins Gewicht.

Mittwoch, September 22, 2004

Always Outnumbered

Amazon-Lieferung: CD-Hülle ist stark beschädigt. Es lohnt sich aber nicht, die CD deswegen zurückzusenden (Ich möchte sie lieber jetzt hören). Ich habe dem Kundenservice aber eine Anekdote zu erzählen, die ich bei einer Bestellung im letzten Jahr erlebte: In einer CD-Hülle habe ich damals zwei CDs entdeckt, ohne dass es sich dabei um eine Doppel-CD handelte. Ein Silberling war die Original-CD, die auch da rein gehörte. Die Zweite war eine Kopie derselben, mit Edding beschriftet. Reklamation abgeschickt.

Prodigy - "Always Outnumbered, Never Outgunned": Fette, schmutzige Breakbeats mit Punk-Geist vermengt bringen das Tanzbein in Fahrt, allerdings ohne Maxim und Keith Flint.. Juliette Lewis singt "Hot Rod".

Neben der CD stand
Mary Poppins auf der Bestellliste. Der erste Film, den ich jemals im Kino gesehen habe (so meine Erinnerung), auf DVD - vielleicht freut sich der Kleine in drei Jahren drüber.


Dienstag, September 21, 2004

1992

Eintrittskarte zur Mondo Bizarro-Tour

Dreiviertel Ramones

Vor nunmehr einer Woche verstarb mit Johnny Ramone, der Dritte der Ramones.
Meine Lieblings-Songs sind "Sheena is a Punk Rocker", "I wanna be sedated". Ein Konzert konnte ich 1992 (
Mondo Bizarro-Tour) von Ihnen ansehen: Alle ihrer etwa 30 bis 40 Zweieinhalb-Minuten-Klassiker wurden zuverlässig mit einem "One-Two-Three-Four" angekündigt, und ich holte mir ein paar Prellungen da unten.

Nichts gegen
Green Day, aber dass diese auf MTV als "Alt-Punks" bezeichnet werden, ist schon krass.