Donnerstag, September 23, 2004

Sarah Morton

Da ich letztes Jahr sehr wenig im Kino war, habe ich zur Zeit einiges aufzuholen, unter anderem "Swimming Pool" (Regie: François Ozon, F 2003). Mystery-Schriftstellerin Sarah Morton, eine zynische Engländerin in ihren 50er Jahren, wird von Charlotte Rampling gespielt. Ihr Herausgeber macht ihr zu Anfang der Handlung das Angebot, für einige Wochen das triste englische Wetter hinter sich zu lassen und sich in seinem Landhaus in der Provence einzuquartieren. Dort angekommen genießt die Autorin die einsame Ruhe, in der sie hofft, ihren Schreibfluss wiederzufinden. In jedem Handgriff, in ihrem Gang, in jeder Regung der Mundwinkel vermag es die Schauspielerin, ihre Zufriedenheit zu zelebrieren, ohne plakative Gesten oder Worte zu bemühen. Ihr perfekt fürs Schreiben zurechtgelegte Umfeld wird gestört, von der temperamentvollen Tochter des Herausgebers Julie (Ludivine Sagnier). Nachdem die beiden anfangs keinen Draht zueinander finden (leicht untertrieben), und Ozon es versteht, beim Zuschauer Erinnerungen an WG-Horror-Szenarien heraufzubeschwören, beginnt Sarah Morton, Julie in ihren Roman zu integrieren. Auf der anderen Seite liest das junge Mädchen heimlich im Manuskript des unfertigen Werks und beginnt Einfluss auf dessen Handlung zu nehmen.

Die Wechselwirkung der beiden Charaktere ist augenscheinlich, ´laut Ozon soll sie körperlich symbolisiert werden - steht in einem Interview mit dem Regisseur: "Anyway, the main point was that I wanted Sarah and Julie's bodies to affect one another." (aus:
François Ozon interview from Swimming Pool Press Kit) Hängengeblieben beim Rezensenten-Blogger ist die harsch-kühle Sprache von Sarah Morton, die zu Beginn des empfehlenswerten Films auf einen jungen Schriftsteller trifft - "Who's that shit?", fragt sie ihren Herausgeber - und der Gegensatz zu ihrer Verletzlichkeit: Im Umgang mit der rebellischen und sexuell aggressiven Julie erweist sie sich als leicht tölpelig. Trotz der nüchternen Inszenierung drängt sich die Mystery-Frage auf, ob und was sich in der Fantasie der Schriftstellerin abgespielt hat, dadurch fallen die weniger überzeugenden Plot-Elemente (Frage: Ist Julie schizophren oder berechnend?) kaum mehr ins Gewicht.