Spiegel, Nr. 6, 5.2.2005, Rubrik Pop
Am 02. Februar 2004 erscheint die Platte in England, drei Monate später erscheint der Titel in Deutschland. Nun, über ein ganzes Jahr später berichtet der Spiegel über die Scissor Sisters, "die als schrille Newcomer gefeiert" werden. Was mich nicht mal am meisten aufregt, ist das Unaktuelle, man musste ja schließlich das Jahr 2004 bis zum Ende abwarten, um Phrasen wie "eines der besten Werke des vergangenen Jahres" oder "In England (...) zum meistverkauften Album des Jahres 2004" auf seinen Wahrheitsgehalt überprüfen zu können - hach, wir wussten eh schon im Frühjahr 2004, dass das der Knaller schlechthin wird, aber wir berichten erst nächstes Jahr darüber. Nein, abgesehen davon, dass dieser Artikel nicht mehr als ein Promotiontext minus Plattenfirmen-Promotiontext-Anglizismen ist, keinesfalls mit interessanten Einblicken in die Künstler protzt und per se wegen einem gut geschriebenen Text lesenswert ist, macht mich wütend, dass in der Spiegel-Redaktion der betreffende Redakteur anscheinend seine Ideen für Popkultur-Artikel in den Redaktionssitzungen nach Belieben durchsetzt, sich dabei aber nur selbst profiliert, ohne wirklich die Musik zu unterstützen. Es sind nämlich keine coolen, superexklusiven Interviews, es sind keine vielschichtigen Feuilleton-Plattenkritiken, es sind lediglich Erklärungstexte, grobe Positionierung eines Künstlers in einem leeren Popmusik-Universum, für den Oberstudienrat, geschrieben aus der Sicht eines Möchtegern-Spex-Schreibers. Es gibt nichts Langweiligeres.
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